Laowa 17mm f/4 Zero-D for GFX
Disclaimer : Dieses Objektiv wurde mir von Foto Brenner, dem deutschen Vertriebspartner für Laowa-Objektive, leihweise zur Verfügung gestellt. Dieser Test ist jedoch nicht gesponsert, und weder hatte Foto Brenner Einfluss auf meine Einschätzungen, noch haben sie den Text vor der Veröffentlichung zu Gesicht bekommen.
Dieser Artikel zum Laowa 17 mm f/4 Zero-D für Fujifilm GFX basiert auf meinen Erfahrungen der letzten Wochen mit der Kombination aus dem Objektiv und meiner GFX100S II. Es handelt sich nicht um einen rein technischen Test; ich bin Fotograf und möchte vor allem meine Eindrücke aus realen Aufnahmesituationen schildern.
Ich habe das Laowa 17 mm f/4 Zero-D als Ultraweitwinkel an der GFX100S II genutzt – es ist hier die weiteste verfügbare Brennweite mit nativer GFX-Anschluss. Durch den Crop-Faktor von 0,79× des GFX-Sensors entspricht es ungefähr einem 13 mm-Objektiv im Kleinbildformat und bietet damit einen beeindruckenden Bildwinkel von 113°. Getestet habe ich es in verschiedenen Szenarien: Landschaften, Architektur, Innenaufnahmen und – zu meiner großen Freude – auch Astrofotografie. Die „Zero-Distortion“-Versprechung ist dabei keine leere Marketingfloskel: Tatsächlich zeigt das Objektiv nahezu keine Verzeichnung, was bei Motiven mit geraden Linien ausgesprochen wichtig ist.
Verarbeitungsqualität
Die Verarbeitung ist erstklassig. Das Objektiv besteht vollständig aus Metall, wiegt 829 g und misst 124,5 mm in der Länge, was in der Hand sehr solide wirkt. Das Metallgehäuse, der geschmeidig drehende Fokusring und der deutlich rastende Blendenring (f/4 bis f/32) vermitteln einen hochwertigen und langlebigen Eindruck. Besonders praktisch finde ich die eingravierte Tiefenschärfe-Skala am Fokusring, die in vielen Situationen hilft. Die Frontlinse ist mit der wasser- und staubabweisenden „Frog Eye Coating“ (FE) versehen, was sich gerade bei Außenaufnahmen als nützlich erweist. Einziger Schwachpunkt ist für mich die Gegenlichtblende bzw. der Objektivdeckel: Er wirkt im Vergleich zum restlichen Objektiv etwas billig und löst sich zu leicht.
Optische Leistung
Zwar ist es nicht das schärfste Objektiv in meinem Fuji-GF-Park (etwa im Vergleich zum GF 32–64 mm f/4 oder GF 110 mm f/2), doch es liefert immer noch sehr solide Ergebnisse. Insgesamt sind 21 Linsenelemente in 14 Gruppen verbaut, darunter zwei asphärische und drei mit besonders geringer Dispersion. Im Zentrum bietet es zwischen f/4 und f/16 eine gute Schärfe, und ab f/5,6 werden auch die Ränder deutlich besser. Dennoch reicht es nicht ganz an das Schärfeniveau von Fujifilms eigenen GF-Objektiven heran: Wer in Lightroom bis auf 100 % heranzoomt, erkennt Unterschiede. Für den praktischen Einsatz, sei es für Abzüge oder Online-Veröffentlichungen, ist die Schärfeleistung jedoch völlig ausreichend.
Die Verzeichnung ist so gut wie nicht vorhanden, was für Architekturfotografie ein großer Vorteil ist. Ein wenig Vignettierung bei f/4 verschwindet spätestens ab f/8. Was mich außerdem positiv überrascht hat, ist die gute Kontrolle von Flares bei Gegenlichtsituationen – das ist gerade im Ultraweitwinkel-Bereich keine Selbstverständlichkeit.
Auch für Astrofotografie kann sich das Objektiv sehen lassen. Zwar war der Himmel in den letzten Wochen oft bewölkt und die Milchstraße leider nicht sichtbar, doch in den Momenten, in denen es klar war, konnte ich bei f/4 über das gesamte Bildfeld hinweg scharfe Sterne mit minimalem Koma abbilden. Dank des sehr weiten Bildwinkels lassen sich große Teile des Nachthimmels einfangen. Unter besseren Bedingungen dürfte es für Astrofotografen sogar noch spannender sein – ich war jedenfalls überrascht, wie gut es sich für Nachtaufnahmen eignet.
Erfahrung mit manuellem Fokusieren
Die manuelle Fokussierung mit diesem Objektiv ist definitiv eine Herausforderung. Selbst mit dem hochauflösenden elektronischen Sucher und dem klappbaren LCD der GFX100S II fällt es schwer, den exakten Schärfepunkt zu treffen, selbst wenn man hineinzoomt. Da es keine elektronischen Kontakte gibt, funktioniert das Objektiv ausschließlich manuell: Es gibt weder Autofokus noch eine elektronische Schärfebestätigung.
Bevor ich es nutzen konnte, musste ich im Kameramenü einige Einstellungen anpassen: „Auslösen ohne Objektiv“ aktivieren, damit überhaupt ausgelöst werden kann, und eine manuelle Fokushilfe wählen. Ich habe mich für Focus Peaking entschieden, das mir am meisten zusagt. Dennoch braucht es Geduld und Sorgfalt, bis man die Schärfe perfekt getroffen hat. Wenn es aber gelingt, wird man mit knackscharfen Details belohnt – genau dort, wo man es haben möchte.
Bei Tageslicht geht das Scharfstellen natürlich leichter als in dunklen Umgebungen. Dort stört vor allem das Bildrauschen, das im Sucher und auf dem LCD bei starker Vergrößerung zutage tritt. Es ist zweifellos eine etwas aufwändige Prozedur, aber am Ende lohnt es sich für die Bildqualität, die man dafür bekommt.
Anpassung an das Mittelformat
Ich würde das Laowa 17 mm f/4 Zero-D nicht als typisches Mittelformat-Objektiv bezeichnen: Seine maximale Blende von f/4 liefert nicht die geringe Schärfentiefe oder das hohe Lichtvolumen, das ich von einer speziell für das Mittelformat entwickelten Optik erwarten würde. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass Laowa ein Vollformat-Design an die 33×44 mm-Sensorgröße der GFX-Serie angepasst hat.
Nichtsdestotrotz erfüllt das Objektiv seinen Zweck einwandfrei. Seine optische Rechnung und die vergleichsweise moderate Blende deuten aber eher auf eine modifizierte Kleinbild-Konstruktion hin, als auf ein echtes Mittelformat-Konzept. Dennoch harmonieren der extreme Weitwinkel und die geringe Verzeichnung hervorragend mit dem GFX-System. Damit entsteht ein Bildlook, den selbst das 23 mm f/4 (entspricht etwa 18 mm), momentan das weiteste Fujifilm-GF-Objektiv, nicht ganz erreicht.
Handhabung und Praxis
An meiner GFX100S II liegt das Objektiv trotz seines Gewichts noch gut in der Hand, wobei ich es für Landschafts- und Astroaufnahmen meistens ohnehin auf ein Stativ setze. Der 86‑mm-Filterdurchmesser kann ein wenig unpraktisch sein, da diese Größe eher selten ist und passende Filter oft teurer ausfallen.
Fazit
Unterm Strich hinterlässt das Laowa 17 mm f/4 Zero-D einen zwiespältigen Eindruck. Sein größter Trumpf ist die fast vollständige Verzeichnungsfreiheit, und ich habe die robuste Bauweise sowie seine überraschende Vielseitigkeit in der Astrofotografie zu schätzen gelernt – trotz der häufigen Wolken, die meine Testmöglichkeiten eingeschränkt haben. Allerdings erschweren das Fehlen eines Autofokus und die teils mühselige manuelle Fokussierung (selbst mit den Hilfsmitteln der GFX100S II) eine uneingeschränkte Empfehlung.
Wer aber wie ich ein bezahlbares Ultraweitwinkel für Architekturaufnahmen auf dem Stativ sucht, ohne in teure Tilt-Shift-Optiken zu investieren, kann hier fündig werden. Für rund 1 250 € nimmt das Objektiv eine besondere Nische im GFX-System ein und liefert bessere Ergebnisse, als man auf den ersten Blick erwarten könnte – vorausgesetzt, man bringt die nötige Geduld für die manuelle Bedienung mit und kann sich mit den Einschränkungen arrangieren.